PUFF DADDY
(Feature, ME/Sounds 10/99)
Forever
Nur wenige
HipHopper schafften es binnen weniger Jahre, als
Person und mit dem eigenen Label in die "Forbes Top
500"-Liste der erfolgreichsten Menschen und Firmen
Amerikas vorzustoßen. Sean Combs (29), in der
Pop-Welt eher als Star-Produzent, HipHop-Mogul und
Multimillionär Puff Daddy bekannt, und seine
Firma "Bad Boy Entertainment" knackten die
"Forbes"-Liste 1998. Doch in diesem Jahr
konzentriert sich Combs eher auf sein Standbein als
HipHop-Künstler und sein aktuelles Album
"Forever". Der Vorgänger "No Way Out" hat weit
über zehn Millionen Stück verkauft - eine
extrem hoch gehängte Latte, auf die auch ein
erfolgsverwöhnter Entrepeneur wie Puff Daddy
nervös schielt.
Überall auf der Welt gibt es
Läden, in die man nicht rein kommt.
Superexklusive Läden, die eines gemeinsam
haben: Ist man nach etlichen vergeblichen Versuchen
endlich doch mal rein gekommen, fragt man sich,
warum hier keiner rein kommt. Mitten in New Yorks
Greenwich Village an der Fourth Avenue gibt es so
eine von diesen Eingangstüren, die
Normalsterblichen stets verschlossen bleiben.
Schlicht "Pop" heißt das Restaurant von Roy
Liebenthal, dessen Türsteher tagtäglich
dafür sorgen, daß dieser laut "New York
Post" "exklusivster Hot Spot im East Village" nur
von den wirklich Reichen, Schönen und
Wichtigen bevölkert wird.
Wirklich reich, wichtig und gutaussehend ist
an diesem Abend nur ein einziger Gast - und der hat
gleich den ganzen Laden gemietet. Sean Combs
heißt er, die Pop-Welt kennt ihn eher als den
Star-Produzenten, HipHop-Mogul und
Multimillionär Puff Daddy. Besonders froh
blickt er aber trotzdem nicht aus der Wäsche,
und auch die tiefergehenden Informationen über
die Visionen des Innenarchitekten Ali Tayar zu
dessen Design des Nobelrestaurants interessieren
Puff wenig: "'Pop' beruht auf dem
gesellschaftlichen Idealismus der Nachkriegsjahre",
steht in der Speisekarte zu lesen, "auf dem Glauben
an technische Innovation."
Puff Daddy glaubt heute weder an technische
Innovationen noch an gesellschaftlichen Idealismus.
Das einzige, woran er im Moment glaubt, ist sein
Hals und sein Herzschlag. Der sonst stets coole und
gelassene Puffy, hat einen Frosch im Hals, der Puls
ist auf 130. Kein Zweifel - der Mann ist
nervös. Und das zu Recht, schließlich
wartet in dem Lokal bei Champagner und
Hummerhäppchen ein handverlesenes
Häufchen von Plattenmanagern und Journalisten
aus fünf Kontinenten auf die Weltpremiere des
neuen Puff Daddy-Albums "Forever". Der
Vorgänger "No Way Out" hat weit über zehn
Millionen Stück verkauft - eine Zahl, auf die
Combs nun starrt wie ein Stabhochspringer, der die
Latte mit seinem eigenen Weltrekord vor Augen
hat.
Es geht also um sehr, sehr viel Geld, und
für Puffys "Bad Boy"-Label, seine Plattenfirma
"Arista" und ihn selbst stellt sich automatisch die
Frage der Fragen - wieviel Platten werden wir
verkaufen können? "Darauf gibt es zwei
Antworten", wird Combs am nächsten Tag im
Interview sagen. "Eine ehrliche und eine
politische. Die politische: Als Label-Chef bin ich
zufrieden, wenn es sich besser als mein letztes
Album verkauft. Die ehrliche: Es ist mir egal. Viel
wichtiger ist es für mich, daß ich in
den kommenden Monaten den Geschäftsmann hinten
anstelle und als Künstler arbeite. Und das
heißt vor allem: Ich freue mich auf die
Tournee, die Show, die Fans." In einem Land, in dem
es üblich ist, auch ehrliche Antworten
politisch zu formulieren und die rhetorischen
Grenzen zwischen Politikern und TV-Predigern
oftmals bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen,
klingt auch so manches Künstler-Statement wie
ein Zitat aus einer Wahlrede: "Das bringt meine
gesamte Lebensphilosophie auf den Punkt",
erklärt Puff den Albumtitel "Forever". "Egal,
was ich tue - ich will mein Leben lang meine
gesamte Kraft und Konzentration dafür
aufbringen. Deshalb habe ich auch die Hoffnung,
daß sich meine Musik als zeitlos erweisen
wird und auch nach hundert Jahren noch
Gültigkeit haben wird."
Für die meisten Zuhörer im "Pop"
bedeutet "Forever" natürlich erst mal: die
nächsten zwölf Monate - die
durchschnittliche Laufzeit eines Albums also. In
dieser Zeit - das wird beim Durchhören der
Tracks zwischen Garnelen-Spießchen und
Kastanien-Mousse schnell klar - kann nichts
anbrennen. Puff Daddy, der Erfinder des
ultrakommerziellen HipHop auf der Basis
wohlbekannter Samples aus 80er-Jahre-Hits, bleibt
bei seinen Leisten. Ein paar Songs gehen
härter als gewohnt zur Sache, dennoch ist
ausreichend radiokompatibles Material mit
Wiedererkennungswert-Samples (Christopher Cross,
Earth, Wind & Fire, Public Enemy, Al Green,
Isley Brothers) vorhanden. "Manche Leute glauben,
ich würde mit einem Stapel Sample-CDs unter
dem Arm ins Studio gehen, ein paar nette Raps
draufsingen und fertig ist der Puff Daddy-Hit. Das
ist natürlich völliger Quatsch - so
würde das nie funktionieren. Für mich ist
viel wichtiger, meine Antenne auszufahren und die
Funkwellen der Kids in den Straßen
aufzufangen. Und zur Zeit sind diese Welle wieder
etwas aggressiver, härter, kantiger. HipHop
ist für mich viel mehr als Musik - es ist eine
Lebensart. Ich gehe viel raus auf die
Straßen, höre, was aus den Auto-Anlagen
auf die Straße dröhnt, treibe mich in
Clubs zwischen 16jährigen Kids herum, gehe
aber auch in Läden der älteren
Generationen. Ob das nun Weiße, Schwarze oder
Latinos sind - ich sitze da und sauge alles in mich
auf."
Aggressiver, kantiger und härter klingt
auch die erste Single, "PE 2000" ist eine
Coverversion des Public Enemy-Klassikers "Public
Enemy No.1" - mit einem Gastauftritt von Chuck D im
Video. Puffy veröffentlicht parallel auch noch
eine Rock-Version, die entfernt an Rammstein
erinnert, sowie eine auf spanisch gerappte Variante
für den explodierenden Latino-Markt in den
USA. "PE 2000" ist für Combs der Versuch, die
Spitze der Bewegung zurückzuerobern: "HipHop
ist wie ein Wettlauf, der nie endet. Es ist
wichtig, permanent die anderen Läufer im Blick
zu haben. Als ich mit 'No Way Out' herauskam,
rannte ich plötzlich als Spitzenreiter vor dem
Feld. Das veränderte das gesamte Spiel. Auf
einmal kamen alle möglichen Leute mit eher
kommerzielleren, positiven und radiotauglichen
Platten auf den Markt. Jetzt ist es wieder an mir,
in Vorlage zu gehen. Alle vier Jahre
durchläuft HipHop einen großen
Veränderungszyklus. Zur Zeit wenden sich viele
wieder dem Underground zu, den härteren
Formen."
Das bedeutet für Puffy natürlich,
daß er sich weniger auf die Kraft der
kommerziellen Samples verlassen kann und wieder
häufiger als ihm lieb ist selbst vor das Mikro
treten muß. Combs, der sich vor Jahren mal
als der "weltweit erfolgreichste Rapper, der nicht
rappen kann" bezeichnete, konnte natürlich auf
das Netzwerk von begabten und erfolgreichen Acts
zurückgreifen, deren Karrieren er (als
Label-Boß und freier Producer) in der
Zwischenzeit angeschoben hat. Dies - und der Nimbus
"Godfather of HipHop" - sorgen dafür,
daß es auf "Forever" nicht langweilig wird,
denn es geben sich mal wieder die Größen
der schwarzen Tanzmusik als Gast-Rapper und
-Sänger das Mikro gegenseitig in die Hand:
"Das sind Freunde, die ich zum Teil auch als Fan
bewundere - R. Kelly, Nas, Lil' Kim, Notorious
B.I.G., Redman, Busta Rhymes." Eine Liste, die der
Vollständigkeit halber noch kurz ergänzt
werden muß: Jay-Z, Bizzy Bone, Twista, Faith
Evans und Ron Isley. Puffy, der mit Hilfe etlicher
Vocal-Coaches hart an seinen Rap-Künsten
gearbeitet hat, kommentiert diese Armada von
Sprechgesangs-Hilfstruppen mit vollendeter
politischer Formulierungskunst: "Das hilft, das
Album in voller Länge interessant zu
machen."
Combs selbst interessiert sich ohnehin nicht
mehr für das, was ihm kleinerkarierte Kritiker
vorwerfen. In den zwei Jahren seit der
Veröffentlichung von "No Way Out" hat er sein
Unternehmen "Bad Boy Entertainment" zu einer
formidablen Multimedia-Firma mit eigener
Fashion-Line ("Sean Jean"), TV-Produktion,
Tonstudios, Restaurants ("Justin's") und
Zeitschrift ("Notorious") ausgebaut. Die
Departements werfen inzwischen stattliche Gewinne
ab und werden von eigenständig entscheidenden
Geschäftsführern geleitet. Sean Combs ist
- zumindest geschäftlich - seinen Zielen ein
gutes Stück näher gekommen. Ziele, die er
vor drei Jahren so formulierte: "In fünf
Jahren soll 'Bad Boy' in der 'Forbes'-Liste der 500
umsatzstärksten Unternehmen vertreten sein. In
zehn Jahren werden wir mit Film, Musik, Fashion und
Merchandise so groß sein, daß wir in
einer Liga mit 'IBM' und 'Coca Cola' spielen
können." Wer damals dachte, das sei nur wieder
so ein Geplapper einer höhenfliegenden,
schwarzen Koks-Nase, sollte sich mal Combs
aktuellen Zwischenstands-Bericht anhören: "Nun
ja - in die Top 500-Liste der erfolgreichsten
Unternehmen hat es 'Bad Boy' dieses Jahr schon
geschafft. Auch als Person tauche ich unter den 500
erfolgreichsten Menschen auf. Ich bin also offenbar
auf dem richtigen Gleis unterwegs. Und das mit der
IBM-Klasse werden wir auch noch schaffen - ich habe
großes Vertrauen in meine
Fähigkeiten."
Jetzt, im Sommer 1999, meint er damit vor
allem seine kreativen Fähigkeiten als
Entertainer, Produzent, Hitmacher und - im Rahmen
seiner Möglichkeiten - Rapper: "Ich werde doch
nur deshalb als Entrepreneur bezeichnet, weil ich
meine Visionen konsequent umsetze und vermarkte.
Was aber viele Leute dabei vergessen: Auch in
sämtlichen rein geschäftlichen Belangen
meines Lebens sehe ich mich nicht als Unternehmer,
sondern als Entertainer. In der letzten Zeit sind
allerdings viele Dinge passiert, die meine Arbeit
als Künstler überdecken: die Firma, die
Klamotten-Linie, die Zeitschrift, die wir seit
kurzem herausgeben - all dies drängte die
Tatsache, daß ich mich im Grunde noch immer
eher als ein Künstler denn als ein
Geschäftsmann fühle, in den Hintergrund.
Mit dem Album präsentiere ich mich ganz
bewußt nun nicht mehr als der Musik-Mogul,
der Entertainment-Entrepreneur. Während der
Produktionszeit zog ich mich fast vollständig
ins Studio zurück und schaltete meine Firmen
auf Autopilot - zum Glück habe ich dort
Manager, denen ich voll und ganz vertrauen kann.
Teilweise lebte ich regelrecht im Studio und
arbeitete bis zu 20 Stunden am Stück. Nach ein
paar Wochen ließ ich mir sogar ein kleines
Appartement neben dem Studio einrichten. Manchmal
wachte ich dort mitten in der Nacht mit einer guten
Idee auf, torkelte im Pyjama in den Aufnahmeraum
rüber und arbeitete mit verschlafenen Augen an
einem Track."
Eine dieser nächtlichen Ideen war es,
markante Samples aus dem Christopher Cross-Hit
"Sailing" mit einem tiefreligiösen Rap-Text zu
dem Song "My Best Friend" zu kombinieren. Der Titel
ist durchaus wörtlich zu verstehen: "Der Song
handelt von meiner Beziehung zu Jesus Christus. Ich
erzähle aus einem sehr persönlichen
Blickwinkel, wie mich Gott auf jeder Station meines
Lebens begleitet hat. Er war immer in meiner
Nähe - auch in Zeiten, in denen niemand auf
Erden mit mir etwas zu tun haben wollte. Deshalb
ist Gott mein bester Freund. Ich gehe jeden Sonntag
in die Kirche. Ich spreche mit ihm, wenn ich die
Straßen hinunterlaufe, ich bete zu ihm jede
Nacht. Ich bin dankbar und demütig für
all die Möglichkeiten, die er mir in meinem
Leben bereits gewährt hat.
Selbstverständlich findet sich dies auch auf
dem Album wieder. Wenn die guten wie bösen
Seiten meiner Persönlichkeit zur Sprache
kommen, darf natürlich auch mein Glaube nicht
fehlen." Puffy behauptet, daß mehr als 90
Prozent der Textzeilen von "Forever" Begebenheiten
schildern, die er in den letzten Jahren
tatsächlich so erlebt habe. Und da könne
er eben auch seine täglichen Gotteserfahrungen
nicht ausklammern. Mit "My Best Friend" betritt er
Neuland, denn religiöse Texte gehören
nicht gerade zum Standardrepertoire des Rap: "In
den meisten Rap-Songs geht es um ein sehr kleines
Spektrum von Themen. Ich dagegen bringe alles zur
Sprache: Party, Sex, Gewalt, Frieden, meine
kindlichen Seiten, meine leisen Gefühle - aber
auch meine ganz spezielle Beziehung zu Gott. In
diesem Zusammenhang ist das neue Album sogar ein
echtes Wagnis, denn es wird viele Leute geben, die
das nicht hören wollen. Oder Radio-Redakteure,
die auf ihrem Sender keine Songs spielen, in deren
Texten es um Gott geht. Ich habe keine Ahnung,
warum ich der erste bin, der dieses Thema so offen
anspricht. Immerhin sind die meisten
Rap-Künstler jenseits von Bühne und
Medien - wenn man sie ganz privat trifft - zutiefst
gläubige Menschen. Meine kommerzielle
Rap-Variante von Songs wie 'Missing You' wurde
inzwischen ja hundertfach nachgemacht. Ich hoffe
nun, auch für Rap-Texte, die sich mit Glauben
und Gott beschäftigen, eine Tür zu
öffnen."
Wie nahe weltliche und himmlische Güter
beieinander liegen, zeigt Puffys linker Arm. 30
Zentimeter oberhalb seines
brilliantenüberzogenen
200.000-Dollar-Platinarmbandes ist der Psalm 23 in
die Haut tätowiert - ...und wenn ich auch
wandele im finsteren Tale... "Schau - hier." Puffy
schiebt den Ärmel seines rot-weiß-blauen
"Sean Jean"-Nylonshirts hoch. Der ganze Arm ist
bedeckt mit Tattoos. Das Logo seines "Bad
Boy"-Labels, ein Portrait von Biggie Smalls, ein
paar Floral-Motive, ein Engels-Pärchen - nur
kann man kaum etwas erkennen. Auch der Bibelspruch
ist fast unlesbar. "Das ist immer das Problem, wenn
du eine dunkle Haut hast: zu wenig Kontrast zu den
Farben. Ich frage mich, wann sie endlich endlich
Farben erfinden, die auch auf schwarzer Haut
erkennbar sind. Dies hier ist eine Ausnahme - es
leuchtet bei UV-Licht." Der Flouro-Stich zeigt ein
Medaillon mit dem Geburtstag seiner
Großmutter. Puff, The Magic Family Man. Doch
selten waren seine Augen so müde wie
heute.
Am Vorabend war er samt der Meute aus
Medien- und Plattenfirmenleuten noch in den eigens
gemieteten "Float" -Club (noch so ein Laden, wo man
sonst nicht rein kommt) weitergezogen, hatte bis in
die frühen Morgenstunden gefeiert und war nach
gerade mal zweieinhalb Stunden Schlaf um zehn Uhr
früh bei einem Gerichtstermin erschienen, der
ein völlig anderes, nicht gerade christliches
Licht auf Puff wirft: Sean Combs, der
Schläger, der Körperverletzer, der
Nasenbeinbrecher. Punkt zehn betrat er, umgeben von
fünf Anwälten, im feinen, grauen
"Gucci"-Anzug den Sitzungssaal 14 im "Manhattan
Criminal Court Building". Die Strafsache, um die es
geht, ist alles andere als ein Bagatell-Delikt:
Combs soll gemeinsam mit zwei Bodyguards am 15.
April den "Columbia"-Manager Steve Stoute in dessen
Büro krankenhausreif geprügelt haben.
Grund des Konfliktes waren Videoszenen, die Puffy
halbnackt am Kreuz zeigen. Combs hatte sie für
das neue Nas-Video "Hate Me Now" drehen lassen,
wollte sie später aber wieder herausschneiden
lassen. Stoute gab dennoch auf eigene Faust das
ungeschnittete Band an MTV, der Clip rotierte auf
Heavy Rotation.
Stoute und Combs hatten schon Wochen vor dem
Gerichtstermin wieder Frieden geschlossen und waren
am Vortag sogar Arm in Arm auf der Bühne bei
einer Award-Verleihung des "Source"-Magazins zu
sehen. Preis der außergerichtlichen Einigung:
Eine halbe Million Dollar für Stoute und
dessen Beteiligung an "Bad Boy". Die Sache ist
damit trotzdem noch lange nicht vom Tisch, denn im
strafrechtlichen Teil des Verfahrens blühen
Puffy sieben Jahre Knast - egal, ob er sich mit dem
Opfer geeinigt hat oder nicht. "Steve und ich sind
seit sieben Jahren befreundet", sagt Combs am
Nachmittag nach der kurzen Gerichtsverhandlung (das
Verfahren wurde auf August vertagt). "Und
plötzlich gerieten wir in diese dumme
Situation. Es ging um diese Video-Szenen, in denen
ich am Kreuz hänge. Es war ein großer
Fehler von mir, so etwas zu drehen, denn es steht
im totalen Widerspruch zu all meinen
religiösen Empfindungen und
Überzeugungen."
Darüber, ob es denn mit seinen
religiösen Überzeugungen im Einklang
steht, einem Mitmenschen den Arm und den
Unterkiefer zu brechen und mit stark blutenden
Gesichtsverletzungen im Büro liegenzulassen,
mag sich Combs nur nebulös äußern:
"Das Verfahren läuft im Moment noch, deshalb
darf ich mich nicht zu Details der Geschehnisse
äußern. Es ist richtig, daß ich in
sein Büro ging. Zu dem, was danach geschah,
kann ich nur sagen: Ich habe mich völlig
daneben benommen. Ich bin enttäuscht von mir.
Ich traf aus dem Bauch heraus falsche
Entscheidungen, aber ich dementiere alles, was in
den Medien darüber berichtet wurde, vor allem,
was angeblich gebrochene Arme und Kiefer betrifft.
Das ist alles erstunken und erlogen. Heute nach dem
Gerichtstermin habe ich mich mit Steve Stoute ganz
offen und ehrlich ausgesprochen. Ich bin mir
sicher, daß wir uns gütlich einigen
werden. Das alles war ein sehr unglücklicher
Vorfall, für den ich natürlich die volle
Verantwortung übernehmen muß. Niemand
außer ich selbst trägt Schuld, ich
selbst muß damit klar kommen."
Bedächtige, vorsichtige Worte. Combs
weiß, daß er, solange das Verfahren
läuft, eine Menge Kreide fressen muß.
Schließlich würde eine Haftstrafe Puffys
Träume auf einen Schlag wie eine Seifenblase
zerplatzen lassen. Träume, die nur einer
träumen kann, in dessen Wortschatz "geht
nicht" nicht vorkommt. Als Label-Boß,
Produzent und Künstler ist er schon ganz oben,
im Frühjahr 2000 will er die Hauptrolle in
einem selbstproduzierten Kinofilm spielen, "Bad
Boy" ist auf dem Weg zu einem
Multimedia-Weltkonzern. Nichts ist unmöglich:
Video-Games? Radiostationen? Live-Shows im Weltall?
Eine eigene Automarke? "Noch sind die
Space-Shuttle-Flüge zu teuer", lacht Puff und
seine müden Augen blitzen für einen
kurzen Moment wieder hell auf, "aber wir arbeiten
dran. Im Ernst: Selbstverständlich entwickeln
wir zur Zeit ein Computerspiel. Bad Boy-Radio wird
es in absehbarer Zeit im Internet geben, und was
die Automarke betrifft: Ich bin mit Mercedes,
Ferrari und Rolls Royce völlig zufrieden.
Meine Vision ist ganz simpel: Ich will einer der
größten Entertainer unserer Zeit
werden."
Peter von
Stahl
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