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Feels
Like Home"
Von Peter
Wagner, Hamburg
24 Jahre jung, 16
Millionen CDs verkauft, Acht Grammy-Preise gewonnen
- wie hält Norah Jones den Erfolgsdruck des
zweiten Albums aus? Mit einem
Lächeln!
Noch nie war ein Erdbeben so
leise und zärtlich wie Come Away With
Me", das Debütalbum der amerikanischen
Jazz-Sängerin Norah Jones, mit dem sie vor
zwei Jahren die Musikbranche weltweit
durchschüttelte: von ihrer Sammlung ruhiger
Lieder zwischen Folk, Jazz und Country gingen
über 16 Millionen Stück über die
Ladentheken. Kurz darauf war der Eintrag für
das Guinnes Buch der Rekorde" perfekt: Die
Juroren der Grammy"-Awards
überhäuften Jones mit acht Trophäen.
Nie zuvor hatte eine Debütantin in der
Pop-Musik so schnell so viel erreicht.
Wer jetzt befürchtet,
die junge Sängerin, Komponistin und graduierte
Jazz-Pianistin (Diplom an der
Musik-Universität von Nord-Texas) könnte
bei den Aufnahmen für das Nachfolge-Album
angesichts des großen Erfolgsdruckes
zusammenbrechen, der kann aufatmen: Norah Jones
geht es prima, die neue CD Feels Like Home"
erfüllt alle Erwartungen, und auch was die
Verkäufe betrifft, wird sicher nichts
anbrennen.
Norah Jones schafft mit
Feels Like Home" das Kunststück, die
Arrangements im Vergleich zu den ohnehin sehr
luftig produzierten Stücken auf Come
Away With Me" sogar noch ein Stück weiter
abzuspecken. Vielen der neuen Liedern ist es sofort
anzuhören, dass die Aufnahmen für das
neue Album in zwei Etappen entstanden: Nach einer
Studiophase packten Norah Jones und ihre
Stamm-Band die Koffer und gingen mit dem neuen
Material ein paar Wochen auf US-Tournee. Dadurch
konnten die Songs auf der Bühne reifen und
erstrahlen nun in ihren zart-reduzierten
Arrangements - machmal nur mit Piano begleitet,
manchmal mit kleiner Band (Westerngitarren,
Standbass, Besen-Schlagzeug) oder erweiterter
Besetzung (Orgel, Elektro-Piano und Chor)
eingespielt.
Schon das erste Stück,
die Single Sunrise", zeigt eine wichtige
Weiterentwicklung der jungen Künstlerin: mit
federndem Folk-Rhythmus beginnt Norah Jones ihr
Album weitaus schneller und beschwingter als man es
von doch durchweg sehr getragenen Liedern der
Vorgänger-CD kennt. Vielfalt ist das Gebot der
Stunde, auch was die musikalischen Gäste
betrifft. Schon bei dem zweiten Song What Am
I To You" helfen mit dem Schlagzeuger Levon Helm
und Garth Hudson an der Hammond-Orgel zwei
Rock-Legenden mit (The Band). Entsprechend rockig
klingt das Stück denn auch, ganz im Gegensatz
zu den nachdenklicheren Those Sweet Words"
und Carnival Town" - beide mitkomponiert von
Norahs Bassist und Lebenspartner Lee Alexander.
Carnival Town" ist ein echter
Höhepunkt: Norah malt mit tief unter die Haut
gehender Stimme das Bild einer nächtlichen
Straße in New Orleans, wenn nach dem Karneval
die Clowns nach Hause gegangen sind und sie
mutterseelenallein herumirrt. Der legendäre
Produzent Arif Mardin (Aretha Franklin, Bee Gees,
Chaka Khan), der bereits bei Come Away With
Me" mitarbeitete und Feels Like Home" nun
allein mit Norah produzierte, steuerte hier auch
die einfühlsamen Streicherarrangements
bei.
Zwei gelungene Coverversionen
&endash; The Long Way Home" von Tom Waits und
die Duke-Ellington-Komposition Melancholia"
(von Norah betextet und inDon't Miss You At
All") umbenannt - werten den ohnehin hochklassigen
Song-Reigen weiter auf, der mit Creepin' In",
dem fetzigen Country-Duett mit Dolly Parton,
seinen Höhepunkt findet (Nr. 7,
Anspieltipp).
Genau einen Monat nach ihrem
25. Geburtstag beginnt die Tochter des
Sitar-Meisters und Beatles-Mitmusiker Ravi Shankar
am 30.4. in Frankfurt ihre Deutschlandtournee
(weitere Stationen: Düsseldorf, Hamburg und
Berlin). Angesichts der großartigen neuen
Songs sind das Pflichttermine für die Freunde
der hauchzarten akkustischer Musik dieser
erstaunlich reifen jungen
Sängerin.
Norah Jones produzierte
mit bewährter Besetzung einen würdigen
Nachfolger ihres Multiplatin-Debüts Come
Away With Me". Der Mut zur größeren
musikalischen Vielfalt geht dabei zum Glück
nicht auf Kosten ihres einzigartigen
Goldkehlchens.
Klang: Fast schon
unanständig intim. Die Band scheint im
Wohnzimmer zu spielen, während Norah leise ins
Ohr haucht. Leider klingt die CD in den Höhen
etwas matt - eine Folge des Kopierschutzes?
Fazit: Weniger Jazz,
dafür mehr Folk, Country und vor allem: mehr
Gefühl. Norah Jones hat sich nicht vom
Mega-Erfolg blenden lassen. Wie sie singt
keine.
© copyright
2004 Peter Wagner, alle Rechte
vorbehalten
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