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Der Lebemann: Thomas Anders im Interview

(Aus: "Modern Talking - BACK FOR GOOD"; Fanbuch, ideal Verlag Hamburg 7/98)

Jeder kennt Dich als Thomas Anders. Unterschreibst Du mit diesem Namen auch Deine Banküberweisungen?

Thomas Anders ist in meinem Paß als Künstlername eingetragen, meine Schecks unterschreibe ich aber nach wie vor als Bernd Weidung - allein schon aus Sicherheit, denn mein Anders-Autogramm ist ja seit Jahren überall im Umlauf.

Neben dem gut gebräunten Teint war immer die lange Lockenmähne das Hauptaushängeschild des Thomas Anders. Was hat Dich dazu gebracht, die Haare abschneiden zu lassen?

Das war 1993. Ein ganz kurzer Entschluß. Ich hatte am nächsten Tag einen Videodreh in London und ging am Abend vor dem Abflug in den Salon. Der Friseur hat mich ungläubig gefragt: "Soll ich das wirklich machen?" Und ich habe gesagt: "Ja, nun sitze ich hier, und wir machen das jetzt." Um halb neun kam ich aus dem Salon heraus - und sie Welt sah anders aus. Ich hatte einen stoppelkurzen Bürstenschnitt.

Ein ziemlich radikaler Entschluß.

Ich brauchte das so. Ich wäre zu meiner jetzigen Frisur nie hingekommen, wenn ich es Schritt für Schritt versucht hätte. Außerdem habe ich ein ganz gesundes Modebewußtsein. Und ich fand, die langen Haare waren für mich einfach nicht mehr zeitgemäß. Außerdem ist es mein Kopf - und mit dem kann ich machen, was ich will.

Jetzt trägst Du die Haare mitellang mit einer ausgeprägten oberen Fönwelle. Macht das nicht viel Arbeit?

Das ist eine starke Naturwelle - da muß ich nicht viel dran machen, außer die Locken beim Fönen ein wenig mit der Bürste gerade zu ziehen.

Du bist immer knackig braun gebrannt. Hast Du eigentlich südländische Vorfahren?

Könnte man meinen. Aber meine Ahnen sind bis ins 17. Jahrhundert deutscher Herkunft. Ich bin einfach ein dunkler Typ. Ich bekomme auch keinen Sonnenbrand mehr. Ich kann an der Nordsee im Dunst sitzen - und schon bekomme ich Farbe im Gesicht.

Seit ein paar Jahren sieht man Dich fast nur noch in schwarzen, lässig sitzenden Anzügen. Wie bist Du zu diesem Styling gekommen?

Karl Lagerfeld hat mal gesagt: "Das schöne an schwarzen Klamotten ist, daß sie so unglaublich einfach sind." In vielen Dingen des Lebens bin ich auf den einfachen, essentiellen Punkt gekommen.

Es heißt, Du bist ein echter Weinkenner?

Das stimmt - aber nur bei Weißwein. Als Tischwein bevorzuge einen leichten, trockenen Italiener, zum feinen Essen einen Sancerre oder Chablis. Im Sommer trinke vier bis fünf Wochen lang sehr gerne Prosecco oder Rosé, im Herbst mal einen Rotwein und im Winter hin und wieder mal einen Champagner."

Als Du noch mit Nora zusammenwohntest, sah man ab und zu opulent fotografierte Homestorys von Euch in Eurer Wohnung in der Zeitung. Jetzt hast Du schon seit Jahren keinen Fotografen mehr in Dein Haus gelassen. Schottest Du Dich ab?

Man muß ganz professionell an die Geschichte rangehen. Das eine ist mein Beruf, den ich liebe. Das andere ist mein Privatleben. Es gibt viele Kollegen von mir, die ihr Privatleben sehr ins Rampenlicht stellen. Das werde ich soweit tun, wie ich es als Profi machen muß. Ich bin mir bewußt, daß es für meine Fans einen gewissen Informationsbedarf gibt. Aber das überschneidet sich zum Teil mit gewissen Persönlichkeitsrechten. Bei mir zu Hause wird nicht gefilmt, auch am Urlaubsort lasse ich das nicht zu.

Du bist viel herumgekommen in Deinem Leben, wohnst aber nach wie vor in der Nähe von Koblenz.

Ich bin ein heimatverbundener Mensch. Ich brauche meine Freunde und das Umfeld in Koblenz zum Auftanken. Mein Job ist ja nun wirklich sehr kräftezehrend, und Auftanken kann ich nur zu Hause. Ich liebe diese Gegend heiß und innig. Hier ist es beschaulich, ein bißchen ländlich - Balsam für die Seele. Ich habe ja auch drei Jahre lang in Los Angeles gelebt. Dort ist es sicher auch wunderschön. Aber wenn ich nach Koblenz zurückkomme, die paar Kilometer über die Hügel im offenen Cabrio zu meinen Eltern fahre, ringsherum die Rapsfelder und die blühenden Bäume sehe, dann frage ich mich oft: Was ist Los Angeles dagegen?

Hebt man nicht dennoch ein bißchen ab, bei so einem Leben?

Ich bin ein sehr, sehr beständiger Mensch. Ich habe meine Lieblingslokale in Koblenz, in die ich immer wieder gehe. Dort bin ich ein bekanntes Gesicht, das ist nichts mehr neues für die Leute, und deshalb lassen sie mich dort auch in Ruhe. Die meisten meiner Freunde kenne ich noch von ganz früher. Ein jeder von uns ist seinen Weg gegangen, hat seine Karriere gemacht, jeder in seinem Gebiet - und deshalb gibt es unter uns auch kein Neidgefühl.

Verzichtest Du deshalb darauf, Dich in Deinem Privatleben mit Bodyguards zu umgeben?

Vor allem glaube ich an mein Karma. Wenn der liebe Gott meint, er muß mich jetzt zu ihm rufen, können das auch hundert Bodyguards nicht verhindern. Ich habe keine Lust, mir mein Leben deswegen schwer zu machen.

Hast Du noch immer drei Hunde?

Nein, ich lebe ja seit ein paar Jahren nicht mehr in dem Bauernhof, den ich mir mit Nora ausgebaut habe, sondern in einer schönen, großen Wohnung. Und deshalb habe ich auch nur noch meine Malteser-Hündin Quchiquchi.

Malteser - sind das die kleinen, zickigen Biester mit den rosa Schleifchen auf dem Kopf?

Im Gegenteil! Jeder Züchter würde mich dafür verdammen, aber mein Malteser sieht nicht aus wie die anderen Malteser. Nicht mit diesen blöden, bodenlangen Zotteln, sondern geschoren wie ein Westie. Sie ist schon über sieben Jahre alt, sieht aber noch immer sehr jung und frisch aus. Die meisten Leute glauben, sie ist ein Westie. Von der Rasse her ist sie ein wunderbarer Wohnungshund - und ein Westie lebt ja eher nach dem Motto "Wo ist die nächste Pfütze?". Ein Malteser kann sich auch in der Wohnung voll austoben. Wenn sie draußen ihr Geschäft verrichtet hat, schaut sie mich meist kurz danach schon wieder mit diesem Blick an: "Ach, laß uns doch gleich wieder hochgehen."

Und welche Musik hörst Du, wenn Du zu Hause bist?

Ich mag melodiöse Pop-Musik und Film-Soundtracks. Bei mir zu Haus läuft immer Musik. Ich liebe meine Wohnung heiß und innig. Sie ist meine Insel in dieser Welt, hier kann ich auftanken und neue Kraft schöpfen. Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, schalte ich sofort die Anlage ein. Das muß auch nicht laut sein, aber es schafft die richtige Atmosphäre. Ob ich nun im Sommer auf der Terrasse sitze, im Herbst bei Kerzenlicht und einem Glas Rotwein, im Gespräch mit Freunden oder beim Abendessen - Musik entspannt immer.

Immer? Auch in brüllend lauten Discotheken?

Ich war nie der große Disco-Gänger. Aber ein Mal im Jahr muß ich mir die volle Dröhnung geben. Und jedes Mal komme ich dann wieder nach Hause und sage mir: "Das bin ich einfach nicht." Ausgehen oder essen gehen - das ist für mich Kommunikation. Aber blöde in einer dunklen Ecke stehen, wo man Augenschmerzen von den zuckenden Lichtblitzen bekommt, das ist nicht mein Leben.

Wie lebt es sich überhaupt als mehrfacher Millionär?

Ach was - die Rechnung, daß man mit Millionen verkaufter Platten automatisch Millionär wird, ist völlig falsch. Ohne es zu wollen, lebt man als Popstar automatisch wesentlich aufwendiger. Als ich nicht so viele Platten verkauft habe, konnte ich auch ein wunderbares und luxuriöses Leben führen. Aber als Star mußt du unweigerlich mehr Geld ausgeben. Wenn du zum Beispiel wochenlang nur im Streß bist, bis zu 16 Stunden am Tag arbeitest, brauchst du auch mal was für dein Seelchen. Und wenn du dann mal einen halben Tag frei hast, sagst du dir: "Komm, ich kauf mir das jetzt!" Als ich das erste Mal drüben in Amerika war, hat mich Bel Air total beeindruckt - diese Häuser für 40 Millionen Dollar das Stück. Das kann ich mir weiß Gott nicht leisten. Aber mein Motto ist seit jeher: Man kann auf Orangenkisten glücklicher sein als in einer goldenen Badewanne.

Du wirst trotzdem aller Wahrscheinlichkeit nach nie in Deinem Leben auf Orangenkisten sitzen müssen.

Sicher. Ich habe inzwischen meine Ausgaben so eingependelt, daß das Geld bis zu meinem Tode reichen würde. Ich komme ja aus einem Beamtenhaushalt - und da ist man auf Sicherheit hin erzogen worden.

Wann wirst Du in Rente gehen?

Ich will so lange ich kann, meinen Beruf ausüben und hoffe, daß ich bis ins hohe Alter fit bleibe, um irgendwas mit Musik machen zu können. Dieses Hinleben auf eine Rente liegt mir nicht.

Zum Abschluß: Du hast Drei Wünsche frei...

Erstens wünsche ich mir, daß die Menschen wieder lernen, respektvoll und menschlich miteinander umzugehen. Zweitens: Daß wir als Menschen auch lernen, respektvoll mit der Natur umzugehen. Und für mich selbst wünsche ich, daß das, was mein Anwalt mal zu mir gesagt hat, für mich Wirklichkeit wird: "Ach, wissen Sie, Thomas - alles im Leben muß Sinn machen."

Peter Wagner

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